3 Fragen an … Prof. Dr. Andreas Bolte
Copyright: Katja Clemens / Thünen-Institut
Prof. Dr. Andreas Bolte vom Thünen-Institut und Wissenschaftlichen Beirat für Natürlichen Klimaschutz ordnet die Ergebnisse der Bundeswaldinventur ein. Er erklärt, warum wir den Waldumbau jetzt aktiv gestalten müssen, um die Klimaziele zu erreichen.
Prof. Dr. Andreas Bolte ist Forstwissenschaftler und Waldökologe. Er leitet das Thünen-Institut für Waldökosysteme und hat eine außerplanmäßige Professur für Waldökologie an der Universität Göttingen inne. Er ist Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat für Natürlichen Klimaschutz (WBNK). In seinem Forschungsschwerpunkt untersucht er die Auswirkungen des Klimawandels auf Wälder und Forstwirtschaft und entwickelt nachhaltige Strategien für die Anpassung und den Schutz von Waldökosystemen. Seine Arbeiten umfassen Studien zu Biodiversität, Kohlenstoffspeicherung und nachhaltiger Forstwirtschaft.
Andreas Bolte ist Co-Autor einer Publikation in der Fachzeitschrift „Nature Climate Change", in der es um die Übertragung von Samenprovenienzen bei Bäumen geht. Damit beschäftigt sich auch das ANK-Projekt des Monats August 2025 „Park Raben Steinfeld“.
Welche Rolle spielt der Wald vor dem Hintergrund der Ergebnisse der Bundeswaldinventur für den Natürlichen Klimaschutz in Deutschland?
Die Wälder in Deutschland haben seit 2018 stark unter extremen Trockenperioden und Schaderregern wie Borkenkäfern gelitten. Die Daten der vierten Bundeswaldinventur 2022 zeigen, dass etwa 2 Millionen Hektar Wald abgestorben sind – das sind 19 Prozent der gesamten Waldfläche Deutschlands. Die Wälder und die nachgelagerte Holznutzung haben sich von einer Kohlenstoffsenke zu einer -quelle gewandelt. Doch anstatt nur auf die entstandenen Schäden zu reagieren und abgestorbene Flächen wiederzubewalden oder der natürlichen Entwicklung zu überlassen, sollten wir den notwendigen Wandel aktiv gestalten. Denn es gibt auch positive Entwicklungen: Unsere Wälder sind heute vielfältiger und strukturreicher als noch vor zehn Jahren. Darin liegt eine große Chance, sie gezielt an den Klimawandel anzupassen. Damit unsere Wälder widerstandsfähiger und wieder zu einer Kohlenstoffsenke werden und zum Klimaschutz beitragen, müssen risikoreiche Reinbestände konsequent in Mischwälder umgewandelt werden. Entscheidend für diesen Wandel sind ausreichend personelle und finanzielle Ressourcen.
Wie bewerten Sie den klimaangepassten Waldumbau in Deutschland?
Die Umgestaltung unserer Wälder in Deutschland hat Fortschritte gemacht. Jedoch reicht das Tempo bislang nicht aus, um die Wälder ausreichend schnell an die hohe Dynamik des Klimawandels anzupassen. Dabei ist es entscheidend, das richtige Management für die einzelnen Standorte zu finden. Risikoreiche Fichtenbestände mit sehr begrenztem Anpassungspotenzial sollten zügig umgebaut werden. Vielfältige Mischbestände kann man dafür stärker der natürlichen Anpassung überlassen. Da sich mit dem Klimawandel auch die Bedingungen ändern, sollte das Waldmanagement grundsätzlich in regelmäßigen Abständen überprüft werden. Idealerweise wird alle zehn Jahre untersucht, ob Standort- und Wuchsbedingen noch zu unseren Managementzielen passen. Hierbei wird auch die Digitalisierung unter anderem mit Fernerkundung eine immer wichtigere Rolle spielen.
Wo sehen Sie weiteren Handlungsbedarf? Welche Akteur*innen sind aus Ihrer Sicht entscheidend, um die Klimaziele im Bereich Wald zu erreichen?
Das Erreichen der Klimaziele im Bereich Wald ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Neben den Waldbesitzenden und der forstlichen Praxis spielt insbesondere auch die Politik eine zentrale Rolle. Gezielte Förderprogramme, wie das Klimaangepasste Waldmanagement aus dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK) und die Waldumbauprogramme der GAK (Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“), können Anreize für eine nachhaltige Bewirtschaftung setzen und Finanzierungslücken schließen. Auch Fachverbände aus den Bereichen Forst und Naturschutz, aber auch die Zivilgesellschaft sind wichtige Treiber für die Entwicklung und Anpassung unserer Wälder, indem sie Maßnahmen unterstützen und zur Umsetzung beitragen. Die Akteur*innen sollten sich stärker als bisher vernetzen, untereinander und mit der Wissenschaft. Nur im Austausch lassen sich tragfähige Konzepte entwickeln und erproben, um unsere Wälder zukunftsfähig zu machen.