Copyright: Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung
Dr. Kirsten Thonicke ist Erstautorin der Publikation „10 Must-Knows aus der Biodiversitätsforschung 2024“, an der 64 Expert*innen beteiligt sind.
Der Bericht des Leibniz-Forschungsnetzwerks Biodiversität zeigt Politik und Gesellschaft exemplarisch fokussierte Wege auf, wie die biologische Vielfalt auf lokaler, nationaler und europäischer Ebene wirksam erhalten und nachhaltig genutzt werden kann und wie sich dadurch zugleich das Klima schützen lässt. Kirsten Thonicke ist Sprecherin des Leibniz-Forschungsnetzwerks Biodiversität und stellvertretende Abteilungsleiterin der Forschungsabteilung Erdsystemanalyse am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK).
Das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK) ist ein Klimaschutzprogramm, Sie kommen aus der Welt der Biodiversitätsforschung. Welches Must-Know ist essenziell für die Klimaschutzleistung von Ökosystemen?
Das Must-Know 1 „Klima- und Biodiversitätsschutz gemeinsam verwirklichen“ – es erklärt sehr gut, wie wir durch die Förderung von biologischer Vielfalt auch das Klima schützen, wenn wir die entsprechenden Maßnahmen von der Biodiversitätsseite her denken. Wälder, Grasländer, Moore und Meere werden durch ihre Artenvielfalt resilienter und ermöglichen somit eine sichere CO2-Speicherung, sogar auch im Meeresboden. Sie verbessern das Mikroklima und halten das Wasser in der Landschaft. Kurz gesagt, in artenreichen Ökosystemen ist das Klima gut mitgeschützt.
Das Must-Know 7 lautet „Land und Ressourcen schützen“. Könnten Sie uns erklären, was damit genau gemeint ist.
Land- und Meeresflächen sind eine knappe Ressource. Durch fortschreitende Versiegelungen und Zersiedelung der Landschaft geht Lebensraum verloren, was den Artenverlust verstärkt. Einen wichtigen Rahmen setzen Raum- und Landschaftsplanung, die verschiedene Interessen unter einen Hut bringen. Biodiversitätsschutz hat bei Infrastruktur-, Siedlungs- und Industriebaumaßnahmen bislang keinen Vorrang, das muss sich ändern. Wir brauchen stattdessen ein Biodiversitätsmanagement für alle bewirtschafteten Flächen in Stadt und Land, nicht nur in Naturschutzgebieten. Die Begrenzung der Flächenversiegelung für Verkehr und Siedlungen auf unter 30 Hektar pro Tag ist als Teil der EU-Bodenstrategie enorm wichtig.
Moore und Wälder werden gerne als Beispiele gewählt, um den Natürlichen Klimaschutz zu verdeutlichen. Welches Beispiel wählen Sie, um Menschen dieses Thema und das Potenzial einer sozial-ökologischen Transformation zu vermitteln?
Ich wähle hierfür den gesunden Boden, der viele Mikroorganismen und Lebewesen enthält und damit Pflanzen mit notwendigen Nährstoffen versorgt. Er sichert eine gute Bodenstruktur, Ausgangspunkt allen Wachstums, egal ob bei Wald, Wiese oder auch Ackerfläche. Überdüngung und Pestizideinsatz zerstören dieses Bodenmikrobiom und erhöhen stattdessen die Emissionen von Lachgas, einem der drei wichtigsten Treibhausgase. Gerade die Landwirtschaft kann viel dazu beitragen, diese Emissionen zu reduzieren, indem sie artenreiche Böden schützt.